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Digitalwelt

Programme mit Köpfchen

24.05.2019
 

Systeme mit künstlichem Gehirn, ein Roboter als Arbeitskollege, Maschinen als Gärtner: Noch sind viele Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz Zukunftsmusik. Doch die Technologie verändert heute schon unsere Welt. Was Künstliche Intelligenz bedeutet und wie weit sie heute schon vorangeschritten ist – ein Lagebericht.

Laut einer Bitkom-Umfrage von 2016 nutzen schon über 50 Prozent der Bauern hierzulande Digitaltechnik. Kein Wunder: Sensoren und Roboter in Ställen oder GPS-gesteuerte Maschinen und Drohnen auf und über Feldern eröffnen viele neue Möglichkeiten für eine effizientere und ressourcenschonendere computergestützte Landwirtschaft. Vier von zehn Landwirten in Deutschland nutzen Landmaschinen mit digitalen Systemen. Bei der Robotertechnik im Stall sind es knapp 40 Prozent. Als hauptsächliche Vorteile genannt werden Arbeits- und Zeitersparnis, aber auch bessere Wettbewerbsfähigkeiten, höhere Effizienz und eine geringere Umweltbelastung.

Zahlen & Fakten

44

Prozent der berufstätigen Bundesbürger wünschen sich laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage, dass eine KI ihren Vorgesetzten unterstützt.

15,7

Billionen US-Dollar trägt KI laut Berechnungen bis 2030 zur globalen Wirtschaft bei. Damit läge das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2030 um 14 Prozent höher als ohne KI.

70

Prozent weniger Ausfallzeiten bei der Maschinenwartung können mittels Künstlicher Intelligenz erreicht werden.

Was Künstliche Intelligenz bedeutet

Bestimmte Fähigkeiten machen den Kern intelligenten Verhaltens aus: Wahrnehmen, Verstehen, Handeln und Lernen. Maschinen, die nur Ergebnisse liefern, die ihnen zuvor genau einprogrammiert wurden, gelten demnach nicht als intelligent. Systeme mit KI müssen vielmehr selbst Daten in sinnvolle Zusammenhänge setzen und daraus lernen können. Damit Maschinen dazu in der Lage sind, bilden Forscher Synapsen des menschlichen Gehirns virtuell nach und schaffen dadurch künstliche neuronale Netze. Innerhalb dieser Netze tauschen sich beispielsweise mit KI ausgestattete Ritterfiguren in einem Computerspiel aus. Durch ihre Erfahrungen während des Spielverlaufs lernen sie eigenständig hinzu. Mit einiger Übung können sie dann auch ohne menschliche Steuerung oder vorherige Programmierung zu einer Festungsmauer laufen, um diese zu verteidigen. Jenseits kognitiver Leistungen bezeichnet Intelligenz im Allgemeinen auch bestimmte emotionale und soziale Fähigkeiten. Mit dem Bestreben, diese Intelligenz künstlich nachzuahmen, beschäftigen sich zurzeit jedoch nur wenige Wissenschaftler.

Digitale Feldwirtschaft

Der Mensch und die Maschine haben spätestens seit der Industrialisierung einen engen Bezug zueinander. Durch die Einführung Künstlicher Intelligenz (KI) bekommt diese Beziehung eine ganz neue Dimension. Einerseits vereinfachen Maschinen und technologische Anwendungen viele alltägliche Schritte, oft wirken sie aber auch undurchsichtig und drohen, den Menschen zu ersetzen. Einer aktuellen Bitkom-Umfrage zufolge sehen die meisten Deutschen in Künstlicher Intelligenz jedoch mehr Chancen als Gefahren. So gaben 62 Prozent der Befragten an, sich von der Technik nicht bedroht zu fühlen. Ganz im Gegenteil: Viele erhoffen sich gerade auch im Job Entlastung durch die KI, etwa bei zeitaufwendigen Routine-Aufgaben. 44 Prozent der berufstätigen Bundesbürger wünschen sich etwa, dass die Technik ihren Vorgesetzten unterstützt.

„Bislang ist die Nutzung von KI für den Anbau von Nahrung kaum verbreitet, erste Start-Ups haben jedoch KI-basierte Systeme auf den Markt gebracht, die das Züchten von Pflanzen zu einem vollautomatischen Prozess machen.“

Künstliche Intelligenz (KI)

Grundsätzlich versteht man unter KI die Erforschung „intelligenten” Problemlösungsverhaltens und die Erstellung „intelligenter” Computersysteme. Als intelligent gelten diese Systeme dann, wenn sie Aufgaben lösen, die der Mensch ebenso nur mit intelligenten Verhalten bewältigen kann. Systeme mit KI müssen folglich selbst Daten in sinnvolle Zusammenhänge setzen und daraus lernen können. Für die globale Ernährungssicherheit kann der Einsatz von KI einen Quantensprung bedeuten, vermuten Experten. Beispiel Indoor-Farming: Sensoren messen im Gewächshaus permanent alle Variablen, die für die Pflanzenzüchtung wichtig sind. KI-Systeme können damit die optimalen Bedingungen für Pflanzen ermitteln.

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Starke und schwache KI

Im Gegensatz zu menschlicher Intelligenz teilen Forscher Künstliche Intelligenz grundsätzlich in zwei Klassen ein: starke und schwache KI. Dabei beschreibt starke KI Systeme, die ein tieferes Verständnis für Problemlösung und somit ähnliche intellektuelle Fähigkeiten wie der Mensch haben oder diese künftig gar übertreffen sollen. Dazu zählen Maschinen, die logisch denken, eigenständig lernen und in natürlicher Sprache kommunizieren – der Prototyp eines Roboters. Im Gegensatz dazu bezeichnet schwache KI im Allgemeinen Systeme, die auf konkrete Anwendungsprobleme fokussiert sind und menschliche Intelligenz oberflächlich nachbilden. Dazu gehören zum Beispiel Sprachassistenten im Smartphone, E-Mail-Spamfilter und maschinelle Übersetzungstools. Letztere gleichen automatisch Erfolge und Misserfolge beim Übersetzen ab und erlernen dadurch immer mehr Satzstrukturen und sprachliche Zusammenhänge. Je mehr Übersetzungen die Software also anfertigt, desto besser übersetzt sie.

Die Einsatzmöglichkeiten von KI

Mit starker KI befassen sich bislang nur wenige Forscher. Die meisten Anwendungen basieren auf schwacher KI und kommen in zahlreichen Bereichen zum Einsatz: unter anderem in der Industrie, der Landwirtschaft, im Büro, der Medizin, dem Transportwesen oder der Kommunikationsbranche. Noch steht die Technik in den Startlöchern – bis 2030 trägt Künstliche Intelligenz laut Berechnungen jedoch mit 15,7 Billionen US-Dollar zur globalen Wirtschaft bei. Damit läge das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2030 um 14 Prozent höher als ohne KI. Allein in der Europäischen Union kann die Weiterentwicklung der KI-Technologie bis 2030 das BIP um rund 2,7 Billionen Euro oder 19 Prozentpunkte steigern, so eine Studie des McKinsey Global Institutes. 

Küstliche Intelligenz in der Industrie

Ein Beispiel, wo KI heute schon umfassend zum Einsatz kommt, ist die Industrie. Immer mehr Daten von Fertigungs- und Produktionsprozessen werden in digitalen Systemen erfasst und in Echtzeit abgebildet. Intelligenten Maschinen gelingt es durch diese Daten beispielsweise, Qualitätsprognosen über die Bauteile abzugeben, die sie gerade produzieren. So können Kameras Bilder einzelner Bauteile machen und diese mit fehlerfreien Exemplaren abgleichen. Die Systeme erkennen kleinste Abweichungen. Ist ein Bauteil beschädigt, eine Schraube verdreht oder ein Gehäuse zerkratzt, erkennen intelligente Maschinen den Fehler, bevor Menschen ihn auch nur erahnen können. Eine Meldung über das defekte Teil erfolgt in Echtzeit, kann die Produktqualität verbessern und viel Zeit und Geld sparen, vor allem in der Massenfertigung. Durch ihre Künstliche Intelligenz ist es den Maschinen zudem möglich, dazuzulernen und Fehler immer schneller zu erkennen.

Künstliche Intelligenz hilft in der Industrie auch dabei, Maschinenausfälle zu verringern. Sensoren, Schalter und intelligente Werkzeuge erfassen Tausende von Variablen in den Produktionsmaschinen, kombinieren und analysieren sie. Mithilfe dieser Daten lassen sich Maschinenausfälle vorhersehen, bevor sie auftreten, und Reparaturen geschehen vorausschauend. Ein erheblicher Fortschritt: Sind es doch meist ungeplanten Ausfälle, die Produktionspläne empfindlich stören. Jährlich entstehen dadurch in der Produktion Kosten in Höhe von rund 50 Milliarden US-Dollar. Maschinenwartung mittels Künstlicher Intelligenz kann die Ausfallzeiten um 70 Prozent reduzieren. Das wirft künftig natürlich auch die Frage auf, inwieweit KI Menschen ersetzen wird. Auch damit, also den sozialwirtschaftlichen Auswirkungen und Konsequenzen beim Einsatz von KI, beschäftigen sich Forscher. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) konnte bereits 42 Staaten davon überzeugen, bei der Entwicklung von lernenden Robotern verbindliche ethische Regeln zu etablieren, denn die intelligenten Maschinen sollen zum Wohle aller Menschen auf Basis ethischer Prinzipien entwickelt werden. 

GÄRTNERN IM HIGHTECH-GEWÄCHSHAUS

Auch in der Landwirtschaft kommt KI zum Einsatz, häufig in Form von maschinellem Lernen. Damit ist eine Unterkategorie von Künstlicher Intelligenz gemeint, bei der Systeme auf Basis von Daten und Algorithmen selbständig Lösungen für Probleme finden können. Ein Beispiel: Beim Indoor-Farming messen Sensoren permanent alle Variablen, die für die Pflanzenzüchtung wichtig sind. Dazu gehören Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Nährstoffdichte und Helligkeit. KI-Systeme können aus diesen Daten die optimalen Bedingungen für Pflanzen ermitteln. US-Forscher haben am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge beispielsweise Basilikum in geschlossenen Systemen angepflanzt und alle relevanten Pflanzendaten in einen Algorithmus gespeist, der auf maschinellem Lernen basiert. Dieser hat aus Millionen von verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten die Bedingungen herausgefunden, unter denen das Basilikum seinen besten Geschmack entwickelt. Dazu gehörte unter anderem die ununterbrochene Bestrahlung mit Licht.

Bislang ist die Nutzung von KI für den Anbau von Nahrung kaum verbreitet, erste Start-Ups haben jedoch KI-basierte Systeme auf den Markt gebracht, die das Züchten von Pflanzen zu einem vollautomatischen Prozess machen. Die Vorteile: ertragreiche Ernten, die ressourcenschonende Nutzung von Rohstoffen wie Wasser und Düngemitteln und eventuell auch ein intensiveres Geschmackserlebnis. Für die globale Ernährungssicherheit kann der Einsatz von KI einen Quantensprung bedeuten, vermuten Experten.

MASCHINEN MIT INSELBEGABUNG

Die Beispiele aus Industrie und Landwirtschaft zeigen, dass Künstliche Intelligenz Produktionsprozesse beschleunigen und verbessern kann. Trotz ihrer großen Potentiale sind die Einsatzbereiche von Künstlicher Intelligenz heute allerdings noch eingeschränkt. Ein Beispiel: Intelligente Maschinen, die auf die Erkennung von Krebszellen spezialisiert sind, können auf Basis einer Vielzahl von Daten mittels Algorithmen zwar Krebszellen immer besser von gesunden Zellen unterschieden. Den Unterschied zwischen einer Katze und einem Hund erkennen diese Maschinen jedoch unter Umständen noch nicht. Ob oder wann eine weitergehende Künstliche Intelligenz erschaffen wird, die aufgabenübergreifend arbeitet und die gleichen sozialen und emotionalen Fähigkeiten wie Menschen hat – darüber streiten KI-Experten noch.

„Die Beziehung zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz wird irgendwann notwendigerweise eine Symbiose sein.“
Bryan Johnson, CEO des KI-Unternehmens Kernel
 

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